Anlässlich der Deutschlandpremiere des Dokumentarfilms „Der marktgerechte Patient“ bietet attac Tübingen in Kooperation mit dem Tübinger Bündnis für mehr Personal in unseren Krankenhäusern im Anschluss an den Film eine Diskussion zum Film an:

Donnerstag, 8. November 2018, 18:00 Uhr

Kino Museum, Am Stadtgraben 2

Der marktgerechte Patient, Ein „FILM VON UNTEN“ von Leslie Franke und Herdolor Lorenz, 82 Min. Mit anschließender Diskussion mit dem Tübinger Bündnis für mehr Personal in unseren Krankenhäusern.

Weitere Vorführungen finden am Freitag, den 9. November, Sonntag, den 11. November und Dienstag,  den 13. November jeweils um 18:00 Uhr im Kino Museum statt.

Trailer und Infos unter der-marktgerechte-patient.org

Es gibt zwar bereits zahllose Berichte über skandalöse Zustände in den deutsche Krankenhäusern. Erstaunlicherweise fehlt dabei aber fast immer der Bezug auf die wesentliche Ursache dieser Zustände: Die seit 2003 verbindliche Vergütung der Krankenhäuser durch sog. Fallpauschalen (jede diagnostizierbare Krankheit hat einen fixen Preis – wer mit möglichst geringen Personal-, Sach- und Organisationskosten den Patienten optimal schnell abfertigt, macht Gewinn – wer sich auf die Patienten einlässt und Tarife zahlt, macht Verlust). Die Einführung der sog. DRGs (Diagnosis Related Groups) war der radikale Schritt zur kompromisslosen Kommerzialisierung eines Bereichs, der bis dahin vom Gedanken der Empathie und Fürsorge getragen wurde. Seither wird der Mensch dort, wo er am Verletzlichsten ist, nämlich als hilfsbedürftiger Patient, den gnadenlosen Prinzipien von Gewinn und Verlust untergeordnet.

Wir sind nicht an der Zurschaustellung von Skandalen interessiert. Uns kommt es bei der Aufdeckung von Folgen vor allem auf die Ursachen der unhaltbaren Zustände in den deutschen Krankenhäusern an. Nur so sind sie zu verändern! Deshalb nun der Film: „Der marktgerechte Patient“

Fatale Folgen der Fallpauschalen

In den deutschen Krankenhäusern stehe nicht mehr der Patient sondern das Geld im Mittelpunkt aller Gedanken, sagt der Oberarzt für Anästhesie Peter Hoffmann im Film. „Das Geld ist immer im Hintergrund aller Entscheidungen. Man tut etwas, um die Kosten zu reduzieren oder man tut etwas, um mehr Erlöse, mehr Einnahmen für das Krankenhaus zu generieren. Das Krankenhaus wird geführt wie eine Fabrik. Maximaler Output, minimaler Aufwand, schneller, und der Patient wird zum Werkstück, die Abläufe werden industriell strukturiert, der Patient wird vorne eingefüllt und kommt hinten raus, und zwar bitte ein bißchen schneller. Geht das nicht einen Tag schneller?“

Der Patient als Mittel, um Erlöse zu optimieren

Der Patient wird nicht mehr als Mensch betrachtet, dem es zu helfen gilt, sondern als einen Menschen, mit dem man etwas machen kann. Der Patient, der zum Mittel wird, der Patient, den man benutzt, um Erlöse zu optimieren. Die Frage ist nicht mehr: was braucht der Patient, sondern was bringt der uns. Gleichzeitig durchforsten Wirtschaftsberater jede Abteilung, ob ein Vorgang nicht doch noch mit weniger Personal bewältigt werden kann. Viele Ärztinnen und noch mehr Pflegerinnen wollen und können in diesem System nicht mehr arbeiten, ohne selbst krank zu werden. In dieser Situation starten wir am 8.11.2018 den Film „Der marktgerechte Patient“. Viele hundert Veranstaltungen mit dem Film werden die Diskussion über die Ausrichtung der Gesundheit am Profit vorantreiben.

Schaum schlagen

Jetzt verkündet der Gesundheitsminister Jens Spahn, 13.000 neue Pflegestellen schaffen zu wollen. Woher er diese Fachkräfte bei den Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern nehmen will, bleibt sein Rätsel. Dass mehr als 50.000 Stellen in den letzten 15 Jahren gestrichen wurden in Folge der marktgerechten Ökonomi sierung, der Fallpauschalenregelung, das erwähnt er lieber nicht. Der Film „Der marktgerechte Patient“ kommt zur rechten Zeit. Er kann Volksbegehren unterstützen, Bündnisse initiieren. Er liefert Argumente auf Basis einer Ursachenanalyse für alle, die sich für eine menschenwürdige und soziale Gesundheitsversorgung für Beschäftigte und Patienten einsetzen wollen.

Plakat: plakat patient tübingen