Zum Rio + 20- Aktionstag machte a, 16. Juni 2012 attac einen Stadtrundgang mit verschiedenen Stationen Mehr Fotos gibt es hier.

Hier sind die Texte der verschiedenen Stationen. (Teilweise haben wir uns bei anderen Texten von attac und anderen netten Organisationen bedient)

Station 1: Coltan und Rohstoffraub

Guten Tag und herzlich willkommen bei dem globalisierungskritischen Stadtrundgang von ATTAC Tübingen.

Station1: Rohstoffraub

Was hat unser Mobiltelefon damit zu tun?
– In deutschen Haushalten liegen 83 Millionen Althandys (laut Studie des Branchenverbands BITKCOM).
– Das ist fatal, denn Mobiltelefone enthalten 60 verschiedene Rohstoffe.
– 1 Tonne Handyschrott enthält 60-mal mehr Gold als eine Tonne Golderz.
– Außerdem enthalten sind z.B. Kupfer, Silber und Seltene Erden.
– 80 Prozent eines Handys lassen sich recyceln.
– Dafür kann man die Geräte in Handyshops oder bei Wertstoffhöfen abgeben.
– Auch der Stuttgarter Zoo „Wilhelma“ nimmt Althandys an der Kasse an. Die Geräte werden an eine Recyclingfirma geschickt und der Restwert an Menschenaffen-Schutzprojekte gespendet.

Kaum jemand macht sich Gedanken, woher das, was er gerade kauft, kommt. Was hat Coltan damit zu tun?

Coltan ist ein Mineral – eine Mischung aus Niobit und Tantalit – aus dem das Metall Tantal gewonnen wird.
Tantal ist ein seltenes, blaugraues Metall, das für viele unterschiedliche Zwecke verwendet werden kann. Es ist ein ausgezeichneter Leiter für Strom, hat eine hohe Dichte und kann Hitze und Säure gut widerstehen.
Wird verwendet im chemischen Anlagenbau, in der Raumfahrtindustrie, in der Computer- und Kommunikationstechnologie, chirurgischen Geräten, Hochtechnologiewaffen, Atomreaktoren, Kameralinsen, Nachtsichtgeräten, dem überwiegenden Teil elektronischer Kondensatoren – kleinsten Kondensatoren mit hoher elektrischer Kapazität, die in fast allen technischen Geräten stecken (z.B. Handys, Computer, Rauchmelder, KFZ-Autos)
Die primäre Verwendung von Tantal liegt in der Herstellung von Kondensatoren, um elektrische Ladungen zu speichern. In den meisten elektronischen Geräten wie Laptops, Videokameras, Mobiltelefonen und Spielkonsolen findet man derartige Komponenten. Spielekonsolen und Mobiltelefone werden als die Hauptquelle für die Nachfrage nach Tantal betrachtet.

Rund ein Fünftel der Weltproduktion stammt aus der zentralafrikanischen Region des Kongo – der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo). 80 Prozent des weltweit vorhandenen Coltans soll dort im Boden liegen. Der Preis für ein Kilo Coltan lag Ende 2000 bei 360 US-$. Ein Arbeiter im Kongo erhält für 50 kg gerademal 4 EURO. Gegenwärtig ist der Preis zwar gesunken, doch Experten erwarten auch weiterhin ein lukratives Geschäft.
Der Kongo ist, so absurd es klingen mag, eines der reichsten Länder der Erde. Er hat Gold, Silber, Diamanten, Erdöl, Kupfer, Kobalt, Zinn und andere begehrte Bodenschätze

Der Abbau erfolgt in Minen mit einfachsten Mitteln
Coltan wird im Ostkongo oft von Kindern aus ungesicherten Minen geholt. Kinderarbeit ist an der Tagesordnung, genauso wie der Tod.
„Wie Sklaven werden sie von den Rebellensoldaten bewacht, die ihnen einen lächerlichen Preis abknöpfen. Wenn einer nicht pariert, wird er erschossen.“ (Leiterin einer Fraueninitiative)
Der Bürgerkrieg lief ebenfalls entlang der Handelsrouten, bei den hart umkämpften Minen
Über den Coltanexport finanzieren sich die Rebellen
bis heute wurden fünf Millionen Menschen getötet
Mittlerweile heißt es zwar Demokratische Republik Kongo, aber die Kriege um die Minen gehen weiter. Da oftmals mehreren Firmen/Gruppen die Rechte zugeteilt wurden, werden vor Ort oft auch mit Waffengewalt, Fakten geschaffen.
„Es sind die Europäer und die Amerikaner, die das Coltan kaufen und die Waffen bringen. Sie beuten die Reichtümer unseres Landes aus und lassen unsere Kinder in den Minen für ihre Profite sterben.“ (arbeitsloser Lehrer aus Goma)
Kindersoldaten, Vergewaltigung, Mord sind an der Tagesordnung
Kinder werden entführt und in Camps zu Kindersol
daten ausgebildet.
Die meisten sterben dabei
Mit Drogen werden sie gefügig gemacht um die Grausamkeiten und Misshandlungen ertragen zu können

Der Rohstoffreichtum kann nur dann zu satten Gewinnen führen, wenn es Unternehmen gibt, die mit den Kriegsparteien direkt oder über Zwischenhändler Handel treiben und die Rohstoffe in den Weltmarkt einspeisen. Und die gibt es zur Genüge. »Der Kongo wird systematisch ausgeplündert«, stellt die UN in mehreren Berichten fest, der die USA und Deutschland als wichtigste Abnehmer von kongolesischem Coltan ausmacht. Coltan wird vom Pentagon als »strategische Ressource« eingestuft. Die Firmen Masingiro GmbH in Burgthann, Bayer, und ihre Partnerfirma SOMIKIVU beliefern Großhändler und verarbeitende Firmen u.a. in Deutschland wie die Bayer-Tochter H.C. Starck. H.C. Starck gilt trotz internationaler Proteste als wichtigster Handelspartner für Coltan aus dem Kongo. Die unterschiedlichen Händler machen – legale oder illegale – Geschäfte mit den diversen Kriegsparteien und lassen sich teilweise direkt in Schürf- und Handelskonzessionen bezahlen.
Deutsche Unternehmen sind, wie schon gesagt, vorne mit dabei
H.C.Starck aus Goslar, eine 100% Tochterfirma des Aspirinherstellers Bayer, verarbeitete Jahrelang rund die Hälfte des Metalls aus dem Kongo
„In jedem elektronischen Gerät befinden sich Tantal-Kondensatoren“, schwärmt Manfred Bütefisch, Sprecher von Starck
Zu den wichtigsten Kunden von H.C. Starck gehört die Siemens-Tochter Epcos, die auf die Produktion von Microchips spezialisiert ist.
Doch der Weltmarkt ist in Bewegung: Da afrikanisches Coltan deutlich billiger ist als Erz aus anderen Kontinenten, kaufen chinesische Händler zunehmend auch im Kongo ein. Hersteller wie das australische Unternehmen Talison konnten da nicht mehr mithalten und haben ihre Produktion eingestellt. H. C. Starck will daher neue Wege beschreiten und hat in Ruanda eine eigene Mine übernommen. So hat das Unternehmen die gesamte Produktionskette selbst in der Hand: „Von der Förderung bis zur Verarbeitung zum Kondensator, ohne Zwischenhändler“, erklärt Rohstoffmanager Joern Vogt.
Karl-Heinz Albers, deutscher Geologe mit verschiedenen Firmen, lieferte die Hälfte bis ¾ des Gesamtexportes aus dem Kongo
Zitat des Geologen Albers:
„Bei den Afrikanern ist das nicht wie bei uns. Der Afrikaner kann kein Geld behalten, der gibt das sofort aus. Keine Ahnung wohin. Wenn Sie einem Afrikaner 100 000 Dollar in die Hand geben, verschleudert er das in ein paar Tagen. Dann ist er wieder arm wie eine Kirchenmaus. Aber ich habe den Eindruck, dann fühlt er sich ohnehin wohler. Wenn die ihr Bierchen und ein bisschen Musik zum tanzen haben, dann sind die bestens zufrieden.“

Im UN-Bericht von 2002 werden Dutzende westlicher Konzerne namentlich benannt, die als Kriegs-Herren hinter den War-Lords am Kongo-Krieg und von der Plünderung der Bodenschätze profitierten: 21 Unternehmen aus Belgien, 12 aus Großbritannien, acht aus der USA und fünf aus Deutschland.

In den Handel mit kongolesischem Coltan sind folgende deutsche Firmen verwickelt: Die Hamburger ‚Barter Trade Handels- und Seafood GmbH‘ (BHTS), die in der Hauptsache aus dem von Uganda beherrschten Nordosten Kongos Coltan bezog und dabei nach eigenen Angaben „wahnsinnig“ verdiente, die süddeutsche Firma Masingiro des Geologen Karl-Heinz Albers, der aber seit 2005 abgetaucht ist  und die Firma H.C. Starck.
Die Unternehmen wie Samsung oder Sony kaufen das Coltan mittlerweile lieber direkt, da sie so ihre Gewinnspannen erhöhen können. Und übernehmen die dreckigen Geschäfte
Die belgische Fluglinie Sabena transportiert kein Coltan mehr aus dem Kongo. Coltan wird inzwischen auch in Australien abgebaut und es gab einen internationalen Druck für einen Boykott von Coltan aus Zentralafrika. Elektronische Riesen wie Nokia oder Motorola verlangen jetzt, dass die Zulieferer Coltan aus anderen Regionen verwenden.

Die Verwendung von Coltan aus anderen Regionen mag zwar schlecht für die Konfliktparteien im Kongo sein, aber für andere wie das australische Unternehmen Sons of Gwalia, das nun die Hälfte des Weltbedarfs liefert, ist das eine gute Nachricht. Leider scheint, wie ein australischer Kommentator vermerkt hat, die Weltgemeinschaft die Zerstörung der australischen Fauna und Flora weniger zu belasten, da sie weniger spektakulär ist. Hier leben nämlich keine gefährdeten Gorillas. Die Menschen, denen die kritischen Verbraucher „geholfen“ haben, erleiden allerdings weiter die brutalsten Formen der Ausbeutung. Das Problem des Kongo ist, dass nur zwei Ressourcen wertvoll genug sind, um das Interesse der Welt zu wecken: die Erze und die Tiere. Die Menschen sind nur 20 Cents am Tag wert.

Schluss Zitat:
– aus dem Film Darwins Nightmare/Albtraum des Regisseurs Hubert Sauper aus dem Jahr 2004
„Es ist zum Beispiel unglaublich aber wahr, dass, wo immer in einer relativ armen Gegend ein wertvoller Rohstoff entdeckt wird, die Menschen im Umfeld des neuen Reichtums elendig zugrunde gehen. Ihre Söhne werden zu Wächtern und Soldaten, ihre Töchter zu Dienerinnen und Huren. Es macht mich krank, diese sich wiederholende Geschichte immer wieder zu hören und zu sehen.“

„DARWIN’S NIGHTMARE könnte ich
in Sierra Leone erzählen, nur wäre der Fisch ein Diamant,
in Honduras eine Banane,
und in Angola, Nigeria oder Irak, schwarzes Öl.“
Im Kongo eben Coltan

Was kann man also tun?

Attac und medico international fordern von der EU und der Bundesregierung:

Keine Freihandelsverträge mit Entwicklungsländern abzuschließen und deren Recht zu respektieren, die Exporte selbst zu regulieren und Gesetze für Investitionen zu erlassen.

Verbindliche Regeln für den Abbau von Rohstoffen zu erlassen, die wirksame Beschwerdemechanismen enthalten: Unternehmen müssen für die Folgen ihrer Geschäftstätigkeit international zur Verantwortung gezogen werden können. Der Import von Konfliktressourcen muss unterbunden werden.

Die Entwicklungshilfe nicht für die Rohstoffinteressen der EU zu instrumentalisieren und niemals militärische Mittel für die Deckung des Ressourcenbedarfs einzusetzen.

Eine alternative Rohstoffstrategie zu entwickeln, die eine Umkehr von der auf Verbrauch und Konsum ausgerichteten Wirtschaftsweise zu einer gerechten Verteilung und nachhaltigen Nutzung der vorhandenen Ressourcen beinhaltet.

Text und weitere Infos dazu: coltan

Station 2: Deutsche Bank – und andere deutsche Banken:   Die Hungermacher

„Freuen Sie sich über steigende Preise – partizipieren Sie an der Wertentwicklung der 7 wichtigsten Agrar-Rohstoffe“

Mit dieser Werbung –gedruckt auf Brötchentüten in Frankfurter Bäckereien- machte die Deutsche Bank 2008 auf ihr Angebot an sog Index-Fonds im Agrarbereich aufmerksam, mit dem das Publikum eingeladen wurde, auf steigende Preise auf den globalen Nahrungsmittelmärkten zu wetten.Auch wenn sich Josef Ackermann auf Druck von attac für diese angesichts 1 Milliarde hungernder Menschen nur als obszön zu bezeichnenden Werbekampagne entschuldigte – ob die Hungernden dieser Welt die Entschuldigung angenommen haben, wissen wir nicht – : da die Deutsche Bank nur diese Werbung, nicht aber ihre Nahrungsmittelspekulationspapiere zurückgezogen hat, muß sie sich weiterhin dem Vorwurf stellen, Profit aus dem Welt-Hunger zu schlagen, genau so übrigens wie die LBBW und auch Volksbanken und Sparkassen, die sog. „Commodity Fonds“ im Angebot haben oder die Allianz-Versicherung, die die Rentierlichkeit ihrer – d.h. unserer! – Lebensversicherungsverträge  durch Spekulation auch in Agrarfonds sicherstellt! – „Hoffentlich Allianz versichert“ – dürfen wir uns sagen, auf Kosten der Hungernden dieser Welt.

Mit Nahrungsmittel spekulieren – wie geht das?

Der Ausgansvorgang ist noch relativ vernünftig: durch sog. „futures“, also „Zukunfts-Vereinbarungen“  garantieren sich Großhändler und Großkunden schon Monate vor der zukünftigen Ernte z.B. von Weizen den einige Monate später – bei tatsächlicher realer Lieferung der Ware, Hunderttausenden von Tonnen des Getreides – fälligen, damit festgelegten Preis.

In das Aushandeln dieses Preises gehen natürlich Abschätzungen und Abwägungen ein über das zu erwartende Wetter, die Erntequalität, die zu erwartende Nachfrage usw. – Unsicherheitsfaktoren, die möglich machen, dass der vorab vereinbarte Preis zum Lieferzeitpunkt  höher oder tiefer liegt als der dann aktuelle Weltmarktpreis – einer der Handelspartner wird in diesem Fall „gewinnen“, der andere „verlieren“ – aber beide gehen dieses Risiko bewußt  ein, um dafür mit sicheren Zahlen kalkulieren zu können.

So weit – so gut , wenn man einmal von der Sinnhaftigkeit solcher Großhandelsvorgänge ausgeht .

„Natürlich“ – soweit man Börsenhandel für natürlich hält, waren schon immer außer den tatsächlichen Getreidegroßhändlern einige Spekulanten auf diesem Markt tätig, die weder real Getreide verkaufen noch kaufen wollten, sondern die in der Zwischenzeit zwischen Vertragsabschluß und realem Warenaustausch solche Verkaufs- oder Kaufverträge aufkauften und weiterverkauften – je nach dem wie sie vermuteten, dass der reale Weltmarktpreis zur Erntezeit von dem auf Zukunft ausgehandelten festgelegten Preis abweichen würde. Solche Spekulanten denken also gar nicht daran, hätten gar nicht die Möglichkeit tatsächlich Getreide zu liefern oder zu kaufen und weiterzuverarbeiten. Ihnen und allen Beteiligten ist völlig klar, dass sie nur mit den Verträgen handeln, diese zur Fälligkeit der Ware längst wieder weiterverkauft haben. So kommt reines Spekulationsinteresse, ein Wetten unabhängig vom realen Warenaustauch „ins Spiel“ – es wird gezockt.

Den realen Händlern war das wohl ursprünglich gar nicht so Unrecht, da damit Angebot und Nachfrage flexibler, die in diesem Marktsegment eingesetzte Kapitalmenge größer wurde. Bis zum Jahr 2000 waren die Verhältnisse etwa so, dass der Getreide – Markt durch  spekulatives Kapital etwas um ¼ vergrößert wurde, d.h. zu 80% waren die an der Waren-Termin-Börse gehandelten Kauf-/Verkauf- Verträge realwirtschaftlich unterlegt, zu 80% des Marktvolumens wurde tatsächlich Getreide geliefert und aufgekauft.

Nachdem aber durch den Zusammenbruch des Hypothekenmarktes (Stichwort Lehmann Brothers) und der ff. Finanzkrise immer mehr Teilmärkte dem „frei fluktuierenden Kapital“ keine Profite mehr versprachen, suchte und fand das spekulative Kapital den Nahrungsmittelhandel als weitere Möglichkeit Geld durch Wetten zu „verdienen“: Wetten auf Hunger, Schädlinge, Wetterkatastrophen, Folgen des Klimawandels, Mißernten – Wetten auf eine steigende Zahl an Ländern, die sich nicht selber ernähren können, Wetten auf eine steigende Zahl von Menschen, denen ihre Nahrungssouveränität genommen wurde, Wetten auf Hunger. So bewegen sich heute über den 80% realem Handel an Nahrungsmitteln nicht mehr 20%, sondern 320% spekulatives Kapital.

Und auch wenn der Preisanstieg auf dem Nahrungsmittelmarkt zunächst  nur spekulativ ausgelöst, nur künstlich ist, sich von den realen Chancen und Risiken der Nahrungsmittelproduktion weit abgehoben hat, beeinflußt dieser spekulative Preis den Weltmarktpreis der dann für den realen Warenaustauch zu zahlen ist, verstärkt die Schwankungen der Preise, zerstört die Sicherheit der Kalkulationsgrundlage für Lieferanten und Einkäufer und hat nach Einschätzung von Wissenschaftlern unabhängig und zusätzlich zu anderen Faktoren die Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt in den letzten Jahren um weitere 15% nach oben getrieben!

15% – das mag uns nicht so furchtbar viel vorkommen: aber  da Menschen in armen Ländern nicht wie bei uns nur 10- 20% ihres Einkommens für die Ernährung benötigen, sondern 50% – wird der tödliche Effekt schnell klar: Hunger wird gemacht: von Nahrungsmittelspekulanten, von Banken und Versicherungen, die solche Spekulationspapiere anbieten oder im eigenen Portfolio halten – und natürlich von Kunden, die solche Papiere, Agrarrohstoff-Fonds kaufen.

Fragen Sie also Ihre Bank , sei es die Deutsche und auch alle anderen, ob sie zu den Hungermachern gehört.

Und setzen Sie dagegen eine der ersten und einfachen Anstands-Regeln, die Sie als Kind von ihren Eltern gelernt haben:

Mit Essen spielt man nicht!

Jetzt, für Erwachsene und weil es nicht mehr um verspritzten Brei auf dem Tischtuch, sondern um Leben und Tod von 1 Milliarde Menschen geht, heißt das: Mit Essen zockt man nicht!

Fragen Sie Ihre Bank – und wenn Sie keine befriedigende Antwort bekommen, informieren Sie sich über die attac-Kampagne: KRÖTENWANDERUNG – und lassen Sie Ihre Kröten, Ihr Geld wandern, wechseln Sie mit  Ihren Konten zu einer Bank, die nicht zu den Hungermachern gehört und Sie nicht zwingt, dabei mitzumachen.

Station 3: Der Weltladen stellt sich und seine Arbeit vor.

Station 4: Vermögensabgabe

Hier sind wir an der Station „Vermögensabgabe“. Wir stehen hier vor einem Edelimmobilienladen, das ist so das teuerste, was man sich in Tübingen kaufen kann. Eigentlich sollten wir nirgendwo stehen, denn die Vermögensabgabe, die wir fordern, würde selbst die Familien nicht betreffen, die sich hier für 600 000 Euro eine Villa kaufen mögen. Es geht um Vermögen, die so groß sind, dass die Besitzer sie gar nicht mehr ausgeben können.

Die Schere zwischen arm und reich geht immer mehr auseinander: 50 Prozent der Menschen in der Bundesrepublik besitzen weniger als 2 Prozent des Vermögens, das reichste eine Prozent mehr als ein Drittel. Diese ungleiche Verteilung hat viele dramatische Auswirkungen:

Sie gefährdet den sozialen Frieden und die Gesundheit. Das ist längst kein Problem mehr von etwas Neid auf ein dickeres Auto vor dem Nachbarhaus. Die zunehmende Ungleichheit bedeutet  für Hunderttausende den Ausschluss von gesellschaftlicher Teilhabe. In Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, klafft die Lebenserwartung zwischen Armen und Reichen auseinander. Immer stärker wird Armut erblich: Wer in einen Hartz-IV-Haushalt geboren wird, kommt weitaus unwahrscheinlicher zum Abitur als bessergestellte AltersgenossInnen. Zu beobachten ist eine immer schärfere Abgrenzung des  Mittelstands nach „unten“. In ungleichen Gesellschaften nimmt das Gefühl von Unsicherheit für alle zu. Auf der Gegenseite hat die Glücksforschung festgestellt, dass es Obergrenzen für Einkommen und Wohlstand gibt, oberhalb derer kein Glücksgewinn mehr zu verzeichnen ist. Ab 75.000 Dollar Jahreseinkommen pro Haushalt bringt mehr Geld nicht mehr Lebensqualität. Das sind umgerchnet 5000 Euro netto für eine Familie hier.

Zu große Vermögen sind Ursache und Motor der aktuellen Finanz- und Schuldenkrisen. Geld ist in so großer Menge vorhanden, dass „normaler Konsum“ keine Perspektive mehr ist. Gerade die großen Vermögen sind auf den Finanzmärkten unterwegs, um aus viel Geld noch mehr Geld zu machen – auch um den Preis von weiteren Krisen oder unter Inkaufnahme von massiven „Nebenwirkungen“ wie der Verschärfung des Hungers, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen. Diese Krisen bekämpfen Staaten mit viel Gled, etwa bei der Bankenrettung, was sie dann wieder mit Kürzungen im Sozialbereich oder mit noch mehr Schulden zu begleichen und leihen sich Geld bei den Vermögenden. Sie geben Staatsanleihen heraus. Infolgedessen sind über Jahrzehnte Schuldendienste zu leisten, Zinsen fließen reichlich an die Wohlhabenden, die Geld zur Verfügung stellten.

Bei dem aktuelen Vorschlägen zur Krisenbewältigung geht es vor allem ums Sparen. Die deutsche Regierung und die Troika lassen konsequent die Frage der Einnahmeseiten der Staaten  – der Verteilung – außen vor. Denn sonst müssten sie auch beantworten, warum europaweit – angetrieben unter anderem durch die Politik in Deutschland – über Jahrzehnte ein Steuersenkungswettbewerb  stattgefunden hat, der  den Staaten ihre Handlungsgrundlage entzog. In jedem Land Europas gibt es Superreiche und Profiteure der geltenden Regeln.

Jetzt aber mal eine gute Nachricht: Die großen Vermögen können auch Teil der Lösung der Probleme sein, wenn sie endlich wirksam abgeschmolzen und umverteilt werden!

Eine erste Idee wäre eine Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Bei einem Steuersatz von 1,5 Prozent und großzügigen Freibeträgen – 1 Million Euro persönlicher Freibetrag, 250 000 Kinderfreibetrag und 5 Millionen Euro für Betriebsvermögen – würde die Vermögensteuer dem Staat über 20 Milliarden Euro pro Jahr einbringen.

Eine weitergehende Idee ist eine einmalige höhere europaweite Vermögensabgabe. Statt die Krisenkosten den Ärmsten der Gesellschaft aufzuzwingen und die am härtesten von der Krise betroffenen Länder kaputtzusparen braucht es eine einmalige, europaweit koordinierte Vermögensabgabe, die den Finanzmärkten einen großen Teil der spekulativen Masse entzieht und sie in den öffentlichen Bereich – in Bildung, soziale Sicherheit und öffentliche Dienstleistungen – umverteilt.

Also, wenn es am Geld fehlt, holen wir uns es da, wo es eh niemanden glücklich macht.

Station 5: Steuerflucht

Wir stehen hier vor einem Reisebüro, aber es geht nicht um Menschen, die verreisen, sondern um Geld. Wir sind hier an der Station „Steuerflucht“. In Deutschland werden jährlich rund 100 Milliarden Euro an Steuern hinterzogen – mehr als dreimal so viel, wie für „Hartz IV“ ausgegeben wird, nur um mal die Dimensionen klar zu machen. Und diese Zahl enthält „nur“ die Steuerhinterziehungen, wenn eine sehr reiche Person ihren Wohnsitzins Ausland verlagert und dort auch ihren Lebensmittelpunkt hat, also nicht zu viele Tage in Deutschland verbringt, dann ist das ja legal.

Die Banken helfen vor allem ihren reichsten KundInnen, dem Finanzamt Milliarden zu entziehen – dieses Geld fehlt Städten und Gemeinden, Schulen, Sozialeinrichtungen, öffentlichem Nahverkehr usw.

Dabei sind die sogenannten „Steueroasen“ nicht nur Orte, an denen Geld an der Steuer vorbeigeschleust wird. Diese Schattenfinanzplätze kommen die Gesellschaft noch viel teurer zu stehen, weil dort auch etliche Sicherheitsvorschriften für Finanzgesellschaften und Banken entweder gar nicht gelten oder nicht angewandt werden. Besonders gewagte Finanzspekulationen und besonders undurchsichtige Fonds haben ihre Adresse in den Steueroasen.

Falsch wäre allerdings die Annahme, dass es sich hierbei um die „Schmuddelkinder“ der Finanzbranche handelt. Im Gegenteil: Gerade die bekanntesten Banken Deutschlands sind regelmäßig dort anzutreffen, sei es auf den britischen Kanalinseln, in Liechtenstein und Luxemburg oder auf den fernen Cayman-Inseln. Besonders gern nehmen Diktatoren und Autokraten aus so genannten Entwicklungs- und Schwellenländern den „diskreten“ Service der Steueroasen in Anspruch. Sie beuten ihre Länder aus, werden Milliardäre – und bleiben es meist selbst nach ihrer Absetzung dank der konsequenten Verschleierungshilfe in den Schattenfinanzplätzen.

Um Steuerflucht wirksam zu bekämpfen, schlägt attac zusammen mit anderen Organisationen verschiedene Maßnahmen vor:

Als erstes soll mehr Personal für die Steuerprüfung aangestellt werden, dazu ist es auch sinnvoll die Steuerverwaltung zur Bundessache zu machen. Die Kosten der Steuerverwaltung müssen heute von den Bundesländern getragen werden. Durch den Länderfinanzausgleich müssen die Erträge jedoch mit allen anderen Ländern geteilt werden. Damit sinkt für die Länder der Anreiz zu einer effizienten Steuerverwaltung. Daher muss eine Bundessteuerverwaltung verhindern, dass eine uneffektive oder ungleichmäßige Steuerverwaltung als Standortfaktor im Wettbewerb der Bundesländer missbraucht wird.

Dazu fordern wir eine Lockerung des Bankgeheimnisses. Die Abgabenordnung muss so verändert werden, dass Steuerbehörden von Banken und anderen Finanzdienstleistern Informationen über alle Geschäftsverkehre wie etwa Überweisungen mit Steueroasen verlangen können. So könnten zahlreiche Anhaltspunkte für Steuerflucht auch in der Vergangenheit gewonnen werden. Dazu sollten auch Kreditkartendaten und Daten von Unternehmen verwendet werden. Jeder Arbeitsnehmer muss in seiner Steuererklärung vollständige Angaben machen, ganz zu schweigen, welche Daten geliefert werden müssen, um Arbeitslosengeld zu beziehen, da geht es um Gleichbehandlung.

Dazu können verschiedene internationale Maßnahmen ergriffen werden, wie etwa das Erstellen Schwarzes Listen. Die Steueroasen auf der Schwarzen Liste sollen mit geeigneten Wirtschaftssanktionen belegt werden, dazu zählen die Aufhebung handelspolitischer Vorteile, kein Betriebsausgabenabzug, die Einführung von Meldepflichten auf alle Transaktionen sowie die Einführung von Quellensteuern auf Zahlungen in Steueroasen.

Es wäre also gut möglich, höhere Einnahmen zu erzielen und gegen Steuerbetrug vorzugehen.