„Eine gute Rente für alle!“- unter diesen Titel stand der Vortrag des Autorenduos Dagmar Hühne und Holger Balodis auf Einladung von Attac Tübingen am 28. Mai im Tübinger Schlatterhaus.
Ihr letztes Buch von 2017 hieß „Die große Rentenlüge“, die Balodis so zusamenfasst:„Eine bessere Rente ist aus demographischen Gründen nicht möglich“. Zwar soll es jetzt eine Rentenerhöhung um 3,2 % im Westen und 3,9% im Osten geben, vor allem dank der Erhöhung des Mindestlohns im Osten, aber seit der Wiedervereinigung wurden die Renten um ein Drittel entwertet. Die gesetzliche Durchschnittsrente liegt nur bei 866 Euro netto, selbst besonders langjährige Versicherte erhalten im Schnitt nur 1404 Euro (Männer) und 1076 Euro (Frauen).
„Das ist Armut per Gesetz, dabei wären etwa 2000 Euro Standardrente nach 45 Versicherungsjahren machbar“ sagt Balodis.
Eine Million Rentner beziehen Grundsicherung, weitere 2 Millionen Rentner haben nach Schätzungen auch einen Anspruch darauf, wollen ihn aber nicht einlösen, das sind 15% der Rentner. Andere Untersuchungen ergeben eine Armutsquote von 20% bei Rentnern, das ist ein Anteil, der höher liegt als in der Gesamtbevölkerung.
„Das Problem wird sich durch die Veränderungen am Arbeitsmarkt noch weiter verschärfen“ sagte Dagmar Hühne und rechnet Geringverdiener, Mini-Jobber, etc zusammen zu etwa 20 Millionen Menschen, die von Altersarmut gefährdet sind.
„Der Blick ins europäische Ausland zeigt, dass es auch anders geht“ erläutert Holger Balodis, in fast allen westeuropäischen Ländern gäbe es eine Mindestrente von über 1000 Euro. In Österreich zum Beispiel zahlten Arbeitnehmer kaum höhre Beiträge, Arbeitgeber etwas mehr, es werden alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente integriert, dort gibt es deutlich höhere Renten und eine armutsfeste Mindestrente.
Die Hauptthese des Autoenduos: Das Umlageverfahren der gesetzlichen Rente habe bis vor 30 Jahren krisenfest und inflationsgeschützt funktioniert mit Kosten von etwa 1,3% bei der Deutschen Rentenversicherung. Die Demontage begann mit Schröder und Riester unter den Leitbegriffen „Beitragsstabilität“, eine Forderung vor allem der Arbeitgeber und auf Druck der privaten Versicherungswirtschaft. Die sogenannte „zweite und dritte Säule“, Betriebsrente und private Vorsorge, werden nur von den Arbeitnehmern getragen, die so mehr zahlen müssen, als wäre die gesetzliche Rente nicht gekürzt worden, obwohl sie weniger Leistungen bekommen.
„Die Riester-Rente kommt nicht sonderlich gut an: nur 16 Millionen von 40 Millionen potentiell zuschussfähigen Personen haben eine, davon sparen nur 6 Millionen die erforderlichen 4% des Bruttolohns um die volle Förderung zu erhalten. Für die Mehrheit der Leute ist die Riester-Rente ein völlig beklopptes Produkt.“ sagt Holger Balodis Trotz hoher staatlicher Zuschüsse ergäben sich nur minimale Renten. Auch Betriebsrenten bedeuteten heute großteils Entgeltumwandlung ohne Zuschüsse durch den Arbeitgeber, viele Produkte haben schlechte Rendite und keine Garantie. Durch die Steuerbelastung bei Auszahlung sei eine solche Betriebsrente für viele eine Minusgeschäft.
Dem aktuellen Rentenpaket der Regierung misst Hühne wenige Effekte zu: „Das Rentenniveau bleibt stabil schlecht“. Es gibt zwar Verbesserung für Erwerbsminderungsrenten, der „Strafabschlag“ von 10,8% wird trotz Protesten der Sozialverbände erhalten. Die Mütterrente bringe knapp 100 Euro pro Kind, es wird rein aus der Rentenkasse gezahlt, nicht aus Steuermitteln, auch für Beamtinnen, etc. die nie eingezahlt haben.
Am Schluss präsentierten Dagmar Hühne und Holger Balodis ihre Vorschläge: Wiederherstellung und Weiterentwicklung der gesetzlichen Rente durch Abschaffung der Riester-Rente, Steuerfinanzierung von Leistungen wie der Mütterrente, eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, geringfügige Beitragssatzsteigerung, die aber paritätisch finanziert werden sollten, die Einführung einer Mindestrente und Reformen am Arbeitsmarkt zum Zurückdrängen des Niedriglohnsektors.
Diese Ideen wollen sie in ihren nächsten Buch noch genauer ausarbeiten, es wird per Crowdfunding finanziert, man kann unter „startnext.com/rente-rauf“ mitmachen und es vorbestellen.